Wer das Schaffen von Matthias Ose über die Jahre beobachtet hat, wird eine nicht unwesentliche Veränderung bemerkt haben. Konnte man bei seinen Zeichnungen früher durchaus von Karikaturen“ sprechen – wer erinnerte sich beispielsweise nicht an den legendären und noch immer beliebten Klassiker, wo eine fröhliche kleine Gestalt durch die Türe VII links des Festspielhauses lugend der ergriffen einer Parsifal-Vorstellung lauschenden Festspielgemeinde zuruft: „Soggn’s doch dem Herrn Levine amol, er mecht a weng schneller dirichirn: die Brodwärscht wärn feddich!“ – konnte man also früher durchaus noch von Karikaturen sprechen, die zeichnerisch eher andeutend spontan wirkten, so würde ich seine jetzigen Werke eher der Illustration zurechnen wollen, die zeichnerisch weicher, detaillierter und auch farbiger Text und Kommentar zusammenbringen und auf diese Weise kleine Gesamtkunstwerke sui generis sind. Der zunächst deutlich satirische, wenn auch nie verletzende Humor hat sich zusubtiler, milder Ironie gewandelt, von der aber durchaus nicht zu hoffen ist, dass es sich dabei etwa schon um Altersmilde handeln sollte. Durch seine geradezu philologische Genauigkeit bei der Materialsuche zu seinen Motiven, den darin zitierten Episoden, Texten und Aussprüchen, vermeidet Ose auch eine platte Klischeebildung, unter der die Wagner-Rezeption ja häufig litt und leidet, er bedient und verfestigt damit nicht einfach marktgängige Wagner-Stereotype, sondern der souveräne Zugriff auf sein Material lässt nicht nur Kenner wissend schmunzeln, sondern erlaubt auch dem in Wagners Leben und Werk weniger Bewanderten verblüffende Einblicke in diese unvergleichliche Künstlerexistenz. Matthias Ose beweist dabei, dass Seriosität nicht zwangsläufig bierernst daher kommen muss, sondern auch witzig sein kann, und dass Ironie der Aufklärung über ihren Gegenstand keinen Abbruch tut – im Gegenteil. Das sind im Grunde Eigenarten, die der deutschen Mentalität und Denkweise im Allgemeinen nicht ohne weiteres zugebilligt werden und darum vielleicht auch von dem einen oder anderen ausländischen Gast Bayreuths in diesen Wochen als positive Überraschung wahrgenommen werden. Dafür gebührt Matthias Ose, seinen neuen Bildern und den Veranstaltern dieser Ausstellung, namentlich Herrn Regionalfilialleiter Stefan Hecht, Lob und Dank! Und wenn wir uns jetzt gleich mit den Augen von Matthias Ose dem Wähnen Wagners und den Reisen Richards zuwenden, dann wird vielleicht klar, was Nietzsche mit dem „Menschlich-Allzumenschlichen“ Wagners gemeint haben könnte und was dazu führte, dass er in seiner Vierten Unzeitgemäßen Betrachtung über Richard Wagner in Bayreuth sagte: „Das Leben Wagners, ganz aus der Nähe und ohne Liebe gesehn, hat […] sehr viel von der Komödie an sich, und zwar von einer merkwürdig grotesken.“ – Man möchte hinzufügen: „…und mit dem liebevollen Blick Matthias Oses einer anrührend heiteren.”
aus der Rede zur Vernissage von Dr. Sven Friedrich, Direktor des Richard Wagner – Museums, Bayreuth